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Personalvermittler und KI-gesteuerte Bots? Im Interview: Top-Expertin Gaby K. Slezák



Welchen digitalen Herausforderungen müssen sich Personalvermittler stellen? Inwieweit werden Chatbots, Spracherkennungssoftware und Künstliche Intelligenz diese Branche beeinflussen? Tom Kerschke hat Gaby K. Slezák, eine der führenden Bot- und KI-Expertinnen und Co-Founderinnen von UNYTED, zum Thema interviewt.



Die Digitalisierung ist in unserer Gesellschaft und der Arbeitswelt allgegenwärtig. Was sind Ihrer Meinung die größten Herausforderungen in der Zukunft?

Gaby K. Slezák: Die Digitalisierung und Globalisierung hat zu einem fundamentalen Wandel in der Arbeitswelt geführt, den man bereits weltweit beobachten kann. Deutschland muss hier über den nationalen Tellerrand schauen, um nicht im Kampf um Talente zu verlieren.Wer sein Engagement in diesem rasch voranschreitenden Prozess vernachlässigt, technische Neuerungen übersieht, nicht rechtzeitig investiert und die Chancen der Digitalisierung für sein Unternehmen nicht erkennt, könnte in nur wenigen Jahren von seinen Mitbewerbern überholt werden.

Der Job der Zukunft wird sich radikal verändern, mit ihm der Arbeitnehmer und somit auch die Aufgaben der Personalvermittler. Home Office Arbeitsplätze, Digitale Nomaden und Remote-Jobber verändern jetzt schon den internationalen Arbeitsmarkt und bilden das Fundament einer zukünftigen Dienstleistungsgesellschaft. Deutschland ist hier weit hinterher: In den USA gibt es immer mehr “Fully remote”-Unternehmenohne zentrale Büros mit global verteilten Teams, die sämtliche Arbeitsprozesse in die Cloud verlagert haben. Solche Teams sind divers, Englisch ist die Arbeitssprache und die tägliche Online-Zusammenarbeit stellt neue Anforderungen an die Kompetenzen der Teammitglieder: exzellente interkulturelle Kommunikationsfähigkeiten, hohe Affinität im Umgang mit Collaboration-Toolsund agilen Methodensind hier ein Muss. Ein “nine-to-five” gibt es hier schon alleine deshalb nicht, weil virtuelle Meetings über mehrere Zeitzonen hinweg abgehalten werden.

Personalvermittler aus dem deutschsprachigen Raum können ihren eigenen Job in Zukunft nur dann mit Erfolg ausüben, wenn sie auch aus dem internationalen Arbeitsmarkt rekrutieren. Und wir sprechen hier nicht mehr nur von Social Media Managern, Entwicklern oder Web-Designern, die unabhängig vom Firmensitz arbeiten. VP Marketing, Head of Sales, Project Owner, Leiter HR, Director L&D - das sind Stellen von renommierten Unternehmen, die aktuell komplett remote besetzt werden. Andere Firmen haben ihr Team schon ausschließlich über Instagram oder Facebook rekrutiert.

Firmen müssen sich außerdem auf komplett neue Berufsfeldereinstellen wie zum Beispiel die Big Data Scientists, Conversational Designerund KI-Ethik Spezialisten. Auch dieses müssen Personalvermittler im Auge behalten.

Chatbots, Sprachassistentenund andere Conversational Interfacesverändern gerade in allen Bereichen unsere Art, mit Informationen umzugehen und werden im HR- und PE-Bereich eine bedeutende Rolle spielen. Auch Personalvermittler können (müssen) einen Großteil der Kundenkommunikation über Chatbots leisten, zum Beispiel den „Q&A“-Katalog. Baby Boomer erwarten sogar noch mehr als Millennials, dass die Unternehmen 24 Stunden online zur Verfügung stehen und stellen hohe Ansprüche an den automatisierten Kundenservice. Chatbots schlafen nie und können Tausende Anfragen gleichzeitig bearbeiten.  



Inwieweit werden (Rekrutierungs-) Chatbots und künstliche Intelligenzen ihren Weg in die Branche der Personalvermittlung beziehungsweise des Recruitings finden?


Gaby K. Slezák: Chatbots und KI-unterstützte Services sind bereits aktiv in der Recruiting Branche, zum Beispiel KATY, der Karriere-Bot von T-Systems oder Jobpal bei hub:raum, auch wenn diese eher primitiv daherkommen. Etwas ausgefeiltere Bots entwickelt Mya.com, diese Unternehmen hat sich auf Recruiting-Bots spezialisiert.

Aber der Einstieg ist gemacht: Der Bewerbungsprozess ist in der Medienbranche bereits digitalisiert; die Bewerber sind es hier gewohnt, viele Fragen in Bewerbungsportalen online zu beantworten und sämtliche Dokumente hochzuladen. Dank Siri, Alexa und Google Assistant betrauen immer mehr Menschen virtuelle Assistenten im Dialog mit Aufgaben. Wenn sich eine Firma als innovativ positioniert und die besten Talente erreichen will, darf sie die Bewerber nicht mehr mit einem fünfseitigen Formular abschrecken. 87% aller Bewerber empfinden diese Art der Technologisierung des Bewerbungsprozesses als unpersönlich (2).

Die bessere Option: Ein freundlicher, nimmermüder Karriere-Assistent auf der Websiteund im Facebook Messenger holt die Bewerber da ab, wo die Fragen entstehen - und das in beide Richtungen.



Welche Vorteile bieten KI-gesteuerte Chatbots dieser Branche?


Gaby K. Slezák: Für Personalvermittler sind KI-gesteuerte Bots ein Traum: der virtuelle Recruiting-Assistent, der auf der Website oder im Facebook Messenger „lebt“, kümmert sich um die repetitiven und langweiligsten Bereiche des Jobs, wie z.B. das Screening von Bewerbern und die Planung von Interviews. Dies wird herkömmlich mithilfe von endlosen Fragebögen versucht abzuwickeln, aber 74% aller Bewerber (2) brechen mitten im Bewerbungsprozess ab - wahrscheinlich genau die Talente, die Sie sich wünschen!

Ein freundlicher, rund um die Uhr verfügbarer Karriere-Bot dagegen macht auch den Bewerbern Spaß und beantwortet die (immer gleichen) Fragen geduldig Tag & Nacht. Dadurch konnten schon Abschlussraten von 93% erreicht werden. Auch die Terminvereinbarung für ein erstes Interview kann der Bot übernehmen, wenn der Bewerber geeignet ist - das ist alles kein Hexenwerk mehr.

Diese KI-unterstützten Bots können XING- und LinkedIn-Profile sowie Lebensläufe nicht nur auslesen, sondern daraufhin im Gespräch mit dem Bewerber gezielte Fragen zu Lücken und Skills stellen. Also eine klassische, jedoch sehr repetitive Recruiter-Tätigkeit, die nun automatisch im Vorfeld erledigt wird. Dadurch sparen Sie knapp 80% an Zeit vom Erstkontakt bis zum Bewerbungsgespräch.

Doch Chatbots und Sprachassistenten sind nur der Anfang. Multimodale Avatare (Text, Video und Sprache), fungieren schon jetzt in Pilotprojekten als virtueller Interview-Coach für die Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche. Solche Chatbots sind KI-unterstützt und führen eine Stimmungs- und Emotionsanalyse durch. Beispiel: Während eines Skype-Video-Chats verarbeitet der digitale Coach per Webcam und Mikrofon Gesichtsausdruck, Tonalität und Wortwahl des Bewerbers, um diesen durch ein ausführliches Feedback auf ein erfolgreiches Vorstellungsgespräch vorzubereiten.


Andi, der virtuelle KI-gesteuerte Bewerbungscoach, lebt in Skype. Sie trainiert Bewerber für das nächste Job-Interview. Botanic Technologies Inc. https://botanic.io


Da ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis die Firma der Zukunft die ersten Bewerbungsgespräche durch den digitalen HR-Mitarbeiter via Skype durchführen lässt … ohne, dass ich hier jemandem Angst machen will ;-)



Über Gaby K. Slezák:


Online Learning Expertin, Virtual Work Guide, Bot-Spezialistin - so kann man das Aufgabenfeld von Gaby K. Slezák umschreiben.
Gaby K. Slézak: Online Learning Expertin, Virtual Work Guide, Bot-Spezialistin

Online Learning Expertin, Virtual Work Guide, Bot-Spezialistin – so kann man das Aufgabenfeld von Gaby K. Slezák kurz umreißen. Sie hat das New Media-Geschäft in Deutschland mit innovativen, preisgekrönten Konzepten und Lösungen für internationale StartUps und Firmenkunden geprägt. Ihren ersten Chatbot setze sie bereits 1995 in einem virtuellen Chatroom ein, bevor es den Begriff überhaupt gab. Als Business-Coach für Solopreneure und Online-Zusammenarbeit arbeitet sie zu 90% online mit Klienten aus aller Welt. Freundliche, KI-gesteuerte Chatbots bringt sie auch zur Welt - aus Leidenschaft. Sie engagiert sich außerdem als Mitglied des Advisory Boards der bottish Association für Open Source KI und Frauen in KI-Berufen, damit die Chatbots der Zukunft unabhängig von den Internet Giganten trainiert werden können.



Quellen:

(1) KATY der Karriere-Bot von T-Systems

(2) 74% Abbruchrate im Bewerbungsprozess

Gartner: Chatbot-Nutzung bis 2020


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